Die Generation Y und Z gelten als anspruchsvoll und kritisch. Warum das so ist, haben wir bei Y-und-Z-Kenner Professor Klaus Hurrelmann, Co-Autor der Shell Jugendstudie, in einem Videointerview erfragt und spannende Antworten erhalten.
Text und Video: Sonja Dietz
Wenn Professor Klaus Hurrelmann von den Erwartungen der Generation Y und Z an den Beruf spricht, weiß er genau, worauf es der “jungen” Generation ankommt. Die Shell Jugendstudie, deren Co-Autor Hurrelmann ist, setzt sich Jahr für Jahr mit den gesellschaftlichen und beruflichen Bedürfnissen der Ypsiloner und Zettler auseinander. In unserem Videointerview erzählt der Experte, womit Arbeitgeber bei der Rekrutierung und bei der Gestaltung des beruflichen Umfelds insbesondere bei der Generation Y punkten können.
Im folgenden noch kurz die Ergebnisse der Shell Jugendstudie zusammengefasst. Bezogen auf den Beruf sind Jugendlichen folgende Faktoren besonders wichtig:
- Sicherheit
- Nutzen und Erfüllung
- Planbarkeit und Vereinbarkeit von Arbeit und Leben
Eher zweitrangig ist dagegen die Karriere. Das Bedürfnis nach Sicherheiten kommt nicht von ungefähr. So heißt es in der Studie im Wortlaut: Ein gutes Fünftel der Jugendlichen (22 %), die bereits die Schule verlassen haben, blickt laut Studie auf die Erfahrung zurück, dass sie aufgrund des fehlenden Schulabschlusses nicht ihren Wunschberuf ergreifen konnten. Dies trifft vor allem auf Jugendliche aus der unteren Bildungs-Schicht (50%) zu.
Auch 25 Jahre nach der deutschen Einheit machen Jugendliche aus den östlichen Bundesländern häufiger die Erfahrung, dass ihnen für ihren Wunschberuf der Schulabschluss fehlte (27% im Osten im Vergleich zu 21% im Westen). Zugleich sind sie auch seltener sicher, dass sie ihre eigenen beruflichen Wünsche verwirklichen werden (65% im Osten im Vergleich zu 75% im Westen).
Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West nicht gegeben
Von einer Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West kann an dieser Stelle noch nicht gesprochen werden. Auch bei den Erwartungen an die Berufstätigkeit dominiert das Bedürfnis nach Sicherheit. Einen sicheren Arbeitsplatz halten 95 % der Jugendlichen für (sehr) wichtig.
Darüber hinaus lassen sich die Erwartungen der Jugendlichen in zwei Felder zusammenfassen: Nutzen und Erfüllung. Bei der Nutzenorientierung stehen ein hohes Einkommen und gute Aufstiegsmöglichkeiten im Vordergrund. Aber auch genügend Freizeit neben der Berufstätigkeit spielt hier eine Rolle. Vor allem Jugendliche aus den östlichen Bundesländern betonen häufiger als die Gleichaltrigen aus den westlichen Bundesländern diesen Aspekt des Erwerbslebens.
Beim Thema Erfüllung steht die Sinnhaftigkeit des eigenen Handelns im Erwerbsleben im Vordergrund. Zentrale Aspekte sind hier das Gefühl, etwas zu leisten, die Möglichkeit, sich um andere zu kümmern, und die Möglichkeiten, etwas zu tun, was man für sinnvoll hält. Dabei fällt auf, dass vor allem junge Frauen im Vergleich zu den gleichaltrigen Männern diese Inhalte des Erwerbslebens wichtiger finden.
Die Bedeutung von Vereinbarkeit von Arbeit und Leben
Bei der Gestaltung der Berufstätigkeit finden sich gleich drei Aspekte: die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben, die Planbarkeit der Berufstätigkeit und die Karriereorientierung. Hierbei fällt auf, dass die Karriereorientierung für die Jugendlichen zweitrangig ist. Weniger als die Hälfte der Jugendlichen (47 %) erachtet Überstunden als etwas, das dazugehört, wenn man etwas werden will.
Dagegen dürfen für eine breite Mehrheit der Jugendlichen (91 %) Familie und Kinder neben dem Beruf nicht zu kurz kommen. Die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben umfasst die Möglichkeit einer kurzfristigen Anpassung der Arbeitszeit an die eigenen Bedürfnisse sowie den Wechsel auf Teilzeit, sobald Kinder da sind. Fast erwartungsgemäß lässt sich festhalten, dass junge Frauen diesen Aspekten deutlich mehr Bedeutung beimessen als die gleichaltrigen Männer.
Die Planbarkeit der Berufstätigkeit bezieht sich auf die alltägliche Dimension des Erwerbslebens. Eine geregelte Arbeitszeit mit klar festgelegtem Beginn und Ende steht hier im Vordergrund. Zugleich sollen Familie und Kinder neben dem Beruf nicht zu kurz kommen. Erneut sind es junge Frauen, die sich im Alltag häufiger verlässliche Strukturen der Arbeit wünschen als gleichaltrige junge Männer.
Die Karriereorientierung umfasst die beiden Aussagen mit den geringsten Zustimmungswerten. Am ehesten können sich noch junge Männer mit der Idee anfreunden, dass Überstunden zur beruflichen Karriere dazugehören. Sie wären zugleich auch häufiger bereit, am Wochenende zu arbeiten, wenn es zu einem entsprechenden Ausgleich unter der Woche kommt.
Vier Typen jugendlicher Berufsorientierung
Aus diesen fünf Aspekten des Berufslebens haben die Autoren der Shell Jugendstudie vier Typen jugendlicher Berufsorientierung abgeleitet.
- Die Durchstarter (37 %): Sie betonen Nutzen und Erfüllung im Erwerbsleben gleich stark. Nach ihrer Ansicht hat sich die Arbeit aber an das Leben anzupassen. Sowohl Planbarkeit als auch die Karriereorientierung sind hier hoch ausgeprägt.
- Die Idealisten (18 %): Diese stellen den Aspekt der Erfüllung eindeutig in den Vordergrund. Nach ihrer Vorstellung soll ihr Beruf vor allem Sinn stiften. Bedeutsam ist auch die soziale Komponente, für andere oder zusammen mit anderen Menschen. Nutzen und Planbarkeit haben demgegenüber eine geringere Bedeutung, auch die Karriereorientierung ist eher unterdurchschnittlich ausgeprägt.
- Die Bodenständigen (27 %): Bei ihnen steht der Nutzen im Vordergrund des Berufslebens. Ihnen ist Karriere durch aus wichtig, und sie sollte möglichst gut planbar sein. Weiterhin soll sich der Beruf bis zu einem gewissen Grad an das Leben anpassen. Der Wunsch nach Erfüllung ist ihnen demgegenüber weniger wichtig.
- Die Distanzierten (18 %): Sie fühlen sich von allen genannten Aspekten des Berufslebens nicht wirklich angesprochen. Sie haben vergleichsweise moderate Erwartungen an Nutzen und Erfüllung, Planbarkeit und Anpassung des Berufs an das Leben und eine weniger ausgeprägte Karriereorientierung.
Quelle: 17. Shell Jugendstudie: eine pragmatische Generation im Umbruch