5 Fragen an Dorothee Reiser von Personalwerk zum Thema Diversity und Inklusion

Dorothee Reiser ist Managing Director im Bereich Employer Branding bei unserem Partner Personalwerk. Zu ihren Kernaufgaben gehört es, Arbeitgeber bei der Ausarbeitung von Diversitäts- und Inklusionsstrategien zu beraten. Wie hat sich die Arbeitswelt in diesem Bereich in den letzten Jahren entwickelt? Wo stehen Unternehmen aktuell? Darüber haben wir mit Dorothee Reiser gesprochen und spannende Antworten erhalten.

Ist eine Diversitäts- und Inklusionsstrategie für Unternehmen heute immer noch die Ausnahme oder mittlerweile die Regel?

Das Thema Diversität und Inklusion (D&I) ist nicht mehr nur ein Modethema, sondern mittlerweile fester Bestandteil vieler Unternehmens- und Arbeitgeberstrategien. Bis heute haben rund 4.000 Firmen in Deutschland die Charta der Vielfalt unterschrieben und es werden immer mehr. Aus meiner Erfahrung als Employer-Branding-Spezialistin, die vor Ort einen direkten Einblick in verschiedenste Unternehmensstrategien bekommt, kann ich sagen, dass viele Unternehmen auch ohne die Unterzeichnung der Charta der Vielfalt Wege gefunden haben, das Thema D&I in ihre Kommunikation zu implementieren. Ich würde daher sagen, dass eine Strategie in diesem Bereich inzwischen die Regel ist. Was ich dennoch schade finde: Obwohl viele Unternehmen Diversitäts- und Inklusionsstrategien nutzen, verankern sie diese nicht immer in ihrer Employer-Branding-Strategie – und das ist ungenutztes Potenzial.

Wie divers und inklusiv sind Ihrer Ansicht nach die aktuellen Stellenanzeigen der Unternehmen verfasst?

Wenn man die Stellenanzeigen von heute mit den Stellenanzeigen von vor ein paar Jahren vergleicht, lassen sich schon einige Unterschiede feststellen. Unabhängig davon, dass das Gendern natürlich auch durch das AGG vor einigen Jahren verstärkte Einkehr in die Gestaltung von Stellenanzeigen gefunden hat, scheinen Arbeitgeber zunehmend auf die Wirkung ihrer Stellenanzeigen bei potenziellen Arbeitnehmer:innen zu achten.

Was haben Unternehmen verändert?

Dieses Umdenken allein führt meist dazu, dass unnötige Infos, überspitzte Anforderungen oder Floskeln weggelassen und durch mehr Infos zur eigenen Arbeitswelt ersetzt werden. Insgesamt werden die Stellenanzeigen aus unserer Sicht somit immer inklusiver und tragen damit auch zur Effektivitätssteigerung im Recruiting bei, da der Cultural Fit bereits beim Lesen der Stellenanzeige geprüft werden kann – also eine Win-Win-Situation für beiden Seiten.

In welchen Branchen gehören Diversität und Inklusion zum Standard und in welchen besteht der größte Nachholbedarf?

Unsere Erfahrungen decken sich diesbezüglich mit den aktuellen Ergebnissen von Statista. Diese besagen, dass sich die IT- und Technologiebranche derzeit als Vorreiterindustrie auf dem Gebiet der D&I-Implementierung behauptet, obwohl die Branche noch vor einigen Jahren, trotz des damals schon sehr hohen Fachkräftemangels, noch sehr stark hinterherhinkte. Die Unternehmen haben erkannt, dass es viele Vorteile mit sich bringt, innerbetriebliche Vielfalt zu fördern – nicht zuletzt, wenn es um die Rekrutierung von geeignetem Fachkräftepersonal geht. Aber auch Pharmaunternehmen tun einiges in Sachen D&I. Zugegebenermaßen hängt das wahrscheinlich auch damit zusammen, dass diese im Gegensatz zu vielen kleineren und mittelständischen Unternehmen über mehr Ressourcen verfügen, die für solche und ähnliche Themen zur Verfügung gestellt werden. Ausbaupotenzial gibt es dagegen noch in der Konsumgüter-, Fertigungs- und Finanzindustrie.

Laut der Charta der Vielfalt ist der Aufbau einer diversen und inklusiven Belegschaft ein guter Weg, um den Fachkräftemangel abzumildern. Gleichzeitig sollen gemischte Teams innovativer und lösungsorientierter sein. Wie sollten Unternehmen vorgehen?

Umsetzbar ist dies, indem Gemeinsamkeiten und Unterschiedlichkeiten der Belegschaft identifiziert und Arbeitsumfelder geschaffen werden, die inklusiv und frei von Vorurteilen sind. Durch Befragung der Mitarbeitenden können beispielsweise erste Stimmungsbilder und Potenziale intern abgebildet werden. Wichtig ist es hierbei jedoch, nicht nur die Ergebnisse der Befragung zu betrachten, sondern auch im Anschluss deren Umsetzung voranzutreiben. Um bereits bei diesen Schritten so viele Mitarbeitende wie möglich abzuholen, ist es notwendig, diesen Strategieausbau von Beginn an intern zu kommunizieren, beispielsweise Schulungen zum Thema D&I anzubieten oder auch die Haltung intern zu verankern.

Wie gehen Unternehmen in den nächsten Schritten am besten vor?

Die Charta der Vielfalt bietet hierzu sehr hilfreiches Material zur Weitergabe, aber auch Agenturen wie Personalwerk helfen professionell bei der Identifizierung der eigenen Arbeitgeberwerte. Sind Ziele und Werte in der Strategie verankert, sollte es an die praktische Umsetzung gehen. Beispielsweise könnte es bei bestimmten Projekten sinnvoll sein, darüber nachzudenken, neue Arbeitsgruppen zu implementieren, die sich in Sachen Alter, Fachwissen und Geschlecht viel diverser aufstellen. Kunden, denen wir solche Konzepte empfohlen haben, machten bereits gute Erfahrungen mit solchen agilen und diversen Arbeitsgruppen. Sie erzählten von kreativen und innovativen Ergebnissen, die ihr unterschiedlicher Background herbeigeführt hat. Zusätzlich besteht im digitalen Zeitalter ein sehr hohes Veränderungstempo bei Prozessen, wodurch kreative Innovationen und lösungsorientierte Ansätze gefragter denn je sind, um sich von Wettbewerbern abzuheben.

Worauf können sich Unternehmen nach der Implementierung einer Diversitäts- und Inklusionskultur freuen?

Eine gesunde und authentische Diversitäts- und Inklusionskultur kann sich auf verschiedene Unternehmensbereiche sehr positiv auswirken. So können diverse Arbeitsgruppen durch ihr unterschiedliches Fachwissen, ihre verschiedenen Erfahrungswerte und ihre kulturelle Vielfalt Unternehmen zu einem breiteren Kundenverständnis und verstärkt zu Innovationen verhelfen und damit entscheidend zur Umsatzsteigerung beitragen.

Das ist nicht das Einzige, richtig?

Da ich mich tagtäglich mit dem Thema Employer Branding beschäftige, möchte ich unbedingt erwähnen, dass sich eine moderne Diversitäts- und Inklusionskultur zudem positiv auf die interne Wahrnehmung der Mitarbeiter:innen auswirkt, die dadurch vermehrte Anerkennung erfahren. Dies führt zu einer stärkeren Bindung der Mitarbeitenden. Diese wiederum wirkt sich dann wieder positiv auf die Attraktivität der Arbeitgebermarke aus und führt folglich dazu, dass sich die Rekrutierungskosten verringern, indem potenzielle Fachkräfte aus verschiedenen Bereichen auf den Arbeitgeber aufmerksam werden. Eine Investition in die Diversitäts- und Inklusionskultur lohnt sich also in jedem Fall!

Was sollten Arbeitgebende unbedingt vermeiden?

Wer das Thema Diversität und Inklusion jedoch nur zur Imagepolitur nutzt, wird schnell entlarvt – spätestens von neu rekrutiertem Personal, das in der Onboardingphase noch viele Vergleiche zur ausgeschriebenen Stelle und den dort auffindbaren Indizien zum Thema D&I zieht. Das Fazit lautet daher – wie so oft im Employer Branding: Bleiben Sie authentisch und leben Sie das, was Sie nach außen kommunizieren!

 

Dorothee Reiser…
… ist seit 2018 für Personalwerk als Managing Director im Bereich Employer Branding tätig. Tagtäglich berät sie eine Vielzahl von Kunden und begleitet sie, zusammen mit ihren Kolleg:innen, von der Erhebung und Entwicklung über die Aussteuerung bis zur strategischen Weiterentwicklung ihrer Arbeitgebermarke und HR-Kampagne. Reisers Aufgabe mit Blick auf das Thema Diversität und Inklusion bei Personalwerk: Diversitäts- und Inklusionsstrategien in die Employer-Branding-Prozesse von Arbeitgebern zu implementieren, damit potenzielle Arbeitnehmer:innen schon zu Beginn ihrer Candidate Journey auf die entsprechenden Inhalte aufmerksam werden.