PersonalSpitzen: Mitarbeitertypen – an den Schreibtischen sollst Du sie erkennen!
Teure Persönlichkeitstests? Wiederholte Vorstellungsgespräche? Alles unnötig. Lassen Sie sich ein Bild des aktuellen Arbeitsplatzes schicken. Oft genügt ein Blick auf den Schreibtisch, um die Vorzüge und Schwächen eines Bewerbers zu erkennen, sagt unsere spitzzüngige Kolumnistin Francoise Hauser in der aktuellen Ausgabe unserer Glosse PersonalSpitzen.
Von Francoise Hauser
Typus Tarzan
Meterhohe Benjamini, Hängeampeln mit fliegenden Holländern und Orchideen mit gewaltigen Luftwurzeln umwuchern den Schreibtisch und verwandeln die Fensterbank in einen regelrechten Dschungel. Irgendwo dahinter zeichnet sich schemenhaft ein Mensch ab – eher sommerlich gekleidet, denn die Pflanzen mögen es warm und feucht. Diese pflegeintensive Umgebung wird von Pflanzen zwar gut vertragen, nicht jedoch von Kollegen, die lieber ins überfüllte Nachbarbüro fliehen. Insgesamt ist diese Arbeitnehmer-Spezies durchaus zuverlässig – wer soll die Blumen gießen, wenn er nicht da ist, die Blätter polieren? – aber schwer zu verpflanzen, pardon, zu versetzen. Ähnlich wie das Grünzeug auf dem Schreibtisch gedeiht der Kollege nicht in jeder Umgebung. Achtung: Fleischfressende Pflanzen deuten auf den unbewussten Wunsch hin, Chefs und Kollegen mögen eines Tages einfach mit einem leisen Happ von der Bildfläche verschwinden.
Der Familiäre Typ
Er trägt selbstgestrickte Pullover und umgibt sich auch auf der Arbeit mit zahlreichen Familienbildern: Lachende Kinder, er selbst mit der Frau im Arm, die ganze Familie im Ruderboot. Das wirkt auf den ersten Blick sympathisch, lässt aber darauf schließen, dass der Vorgesetzte in Sachen Überstunden garantiert auf Granit beißt: Hier ist jemand gerne, wirklich gerne zuhause! Alternativ gibt es natürlich auch all jene, die das Familiäre nur als Deckmantel benutzen. Die Bilder sind dann schon etliche Jahre alt, vergilbt, der süße Kindergartenfratz längst pickelig und in der Pubertät. Die Frau auf dem Bild ist bald auch nicht mehr aktuell. Dahinter steckt dann das genaue Gegenteil: Jemand, der vor lauter Karriere gar nicht mehr so recht weiß, wie der Nachhauseweg im Hellen aussieht.
Der Zoo-Manager
Er ist mit dem Arbeitnehmer Marke Tarzan eng verwandt, wenn auch weitaus kommunikativer. Unter seinem Schreibtisch schläft ein Labrador, auf der Fensterbank blubbert das Aquarium und die Tierhaare seiner Fleecejacke lassen auf einen großen Heimtierzoo zuhause schließen. Als Führungskraft ist er nicht einfach, denn Meetings sind grundsätzlich nach dem Gassi-Rhythmus des Hundes anzusetzen.
Typ “der Pate”
Chefsessel, Leder-Unterlage aufm Tisch, die nachgerüstete Klimaanlage, eine vernünftige Kaffeemaschine: An diesem Arbeitsplatz sind alle Extras vorhanden. Immer nach dem Motto: “Wenn es die Firma nicht einsehen will, dann kauf ich mir den Luxus eben selbst”. Logisch, dass diese Bürogestaltung nicht unbedingt auf eine hohe Position schließen lässt, nicht zuletzt weil zwischen Leistung und Eigeneinschätzung eine ordentliche Lücke klafft. Der Unterschied zur echten Führungskraft lässt sich oft erst auf den zweiten Blick erkennen – zum Beispiel daran, dass die Ausstattung insgesamt doch nicht recht zusammenpassen will.
Der Hypochonder
Schon auf dem Gang kann man den Arbeitsplatz dieses Profi-Kranken erkennen: Es ist der Hauch von Menthol, der ihn verrät. Auf seinem Schreibtisch stapeln sich die Medikamentenpackungen. Jederzeit ist er bereit, Details zu seinem aktuellen Gesundheitszustand darzulegen: “Gar nicht gut! Obwohl mir mein Doktor vorgestern was ganz Neues aufgeschrieben hat….” Diskussionen kann er wahlweise aus der Perspektive des Leidenden oder des Experten führen, leider jedoch nur zu medizinischen Themen. Eines mag er allerdings gar nicht: Anstrengende Arbeit, die wohlmöglich nicht auf seinen Gesundheitszustand zugeschnitten ist.
Der Lustige
Man erkennt ihn an selbst ausgeschnittenen Comics oder fotokopierten Sprüchen, mit denen er Schränke und Wände verziert: “Man muss nicht verrückt sein um hier zu arbeiten, aber es hilft” ist einer dieser Klassiker. Interessanterweise sind es gerade diese Menschen, die sich schwer tun, Aufgaben abzulehnen. Während sie tapfer kämpfen und krampfhaft versuchen darüber zu lachen, bleibt ihnen leider keine Zeit, die Arbeit neu zu strukturieren oder am Ende einfach mal „Nein“ zu sagen.
Der Phantommitarbeiter
Sein Schreibtisch ist immer aufgeräumt, nicht Unnützes liegt darauf herum: Privat- und Geschäftsleben scheint der Phantommitarbeiter gut trennen zu können. Seine Tür ist immer offen, er selbst offensichtlich auf einen Sprung in die Cafeteria, schließlich hat er die Mittagspause ausfallen lassen. Eigentlich total vorbildlich, oder? Doch wann wurde der Phantommitarbeiter eigentlich zum letzten Mal gesehen? Gestern? Oder war es doch schon letzte Woche? Dann gibt es da noch das Gerücht, er sei vorrübergehend im Home-Office aktiv. Oder ist der Kollege am Ende gar schon versetzt worden und niemand hat’s gemerkt?
Oft vergessen: Der Normale
Irgendwie geht er immer ein wenig unter, unter all den schillernden Büro-Spezies, denn im Grunde hinterlässt er kaum physische Spuren. Auf seinem Schreibtisch herrscht moderates Durcheinander, hier und da einige Papiere, vielleicht ein angebissener Schoko-Riegel und seine Hobbys behält er für sich. Dass es ihn wirklich gibt, lässt sich nur durch einen geradezu banalen Beweis belegen: Zu den Kernarbeitszeiten sitzt er persönlich am Schreibtisch, bleibt er weg, häuft sich die Arbeit auf seinem Schreibtisch.