Remote Leadership: Führen auf Distanz
Immer mehr Angestellte arbeiten von zuhause im Homeoffice und kommen seltener ins Büro. Für Führungskräfte bedeutet das: Führen auf Distanz, auch Remote Leadership genannt. Aber welche Herausforderungen bringt das mit sich? Und wie lassen sich diese lösen? Wir haben dazu mit Keynote-Speakerin, Buchautorin und Expertin Susanne Nickel gesprochen.
Von Sonja Dietz
Immer mehr Teams arbeiten virtuell zusammen
Die meisten Arbeitnehmenden wollen das Homeoffice nicht mehr missen. Kein Wunder. Es bietet schließlich viele Vorteile:
- Der Weg zur Arbeit entfällt.
- Beruf und Privates sind besser miteinander vereinbar.
- Außerdem lassen sich konzentrierte Arbeiten meist besser in den eigenen vier Wänden erledigen als im wuseligen Großraumbüro.
Es gibt aber auch Herausforderungen in der zunehmend digitalen Arbeitswelt. Vor allem, was die Teamzusammenarbeit und Teamführung angeht. Zum Beispiel sehen Kolleg*innen einander nicht mehr so oft vor Ort und kommunizieren größtenteils über Videokonferenzen miteinander.
Was ist eigentlich Remote Leadership?
Diese virtuellen Begegnungen sind mit einem echten Meeting allerdings kaum vergleichbar. Man schaut sich nicht in die Augen, sondern aneinander vorbei. Immer wieder friert das Bild ein oder der Ton bricht ab. „Online nimmt die Konzentration wegen dieser vielen Störfaktoren schnell ab. Darauf sind wir nicht ausgelegt“, sagt Expertin Susanne Nickel. „Oft sind wir nach einem Tag voller Online-Meetings nicht mehr zu gebrauchen.“
Umso mehr kommt es auf eine geschickte und bedürfnisorientierte Mitarbeiterführung in der digitalen Welt an. Experten wie Susanne Nickel bezeichnen das als Remote Leadership, also die Führung virtueller Teams: Das oberste Ziel ist es, die Leistungsfähigkeit von Mitarbeitenden im Digitalzeitalter zu erhalten. Zum Beispiel, indem Führungskräfte den beschriebenen Ermüdungserscheinungen in Videocalls bewusst vorbeugen.
Die Führungskraft wird zum Moderator
Susanne Nickel hat dafür einen guten Tipp: „Setzen Sie kürzere Meetings an. Wichtig ist außerdem eine gute Struktur. Statt ungelenkt und planlos vor sich hinzudiskutieren, ist es zielführender, sehr konkrete Arbeitsfragen zu stellen und im Meeting gemeinsam die Antworten darauf zu finden.“ Führungskräften kommt in Meetings somit die Rolle des Moderators zu.
Wichtig sei auch, von vornherein die Art des Meetings zu definieren:
- Handelt es sich um ein erstes Brainstorming?
- Geht es allein darum Informationen auszutauschen?
- Erwartet die Führungskraft in dem Meeting finale Entscheidungen?
So weiß jede oder jeder, was auf sie oder ihn zukommt und kann sich passgenau vorbereiten.
Wie gelingt Beziehungsarbeit im Digitalzeitalter?
Mehr Struktur und weniger Blabla in Videokonferenzen – das ist aber nur eine von vielen Facetten, die in Sachen Remote Leadership beachtet werden muss. Außerdem sollte es in der digitalen Zusammenarbeit Phasen geben, die bewusst dem informellen Austausch gewidmet sind. Das ist ungemein wichtig. Denn beim ungezwungenen Plaudern entstehen nicht nur Nähe zueinander und Bindung, sondern meist auch die besten Ideen.
In der analogen Arbeitswelt gehörte der informelle Austausch fest zum Alltag: Hier der Schnack auf dem Flur, da der kurze Gang ins Büro der Kolleg*innen aus der anderen Fachabteilung. Den regelmäßigen gemeinsamen Lunch mit dem Team nicht zu vergessen. Die große Frage ist nun: Wie können solche Begegnungen auch in der virtuellen Arbeitswelt abgebildet werden? Das ist noch nicht hinlänglich geklärt, aber es gibt bereits vielversprechende Ansätze. Beginnend mit digitalen Lunches oder bewusst informell gehaltenen Videokonferenzen zum Abschluss des Arbeitstages – vielleicht sogar mit einem Gläschen Wein. Aber da geht noch mehr. Daher wird es in nächster Zeit ein wichtiges Thema im Rahmen von Remote Leadership sein, neue Formate zu entwickeln, in denen das Miteinander in der Belegschaft weiterhin gewährleistet bleibt.
Den Draht zu den Mitarbeitenden nicht verlieren
„Eine durchaus spannende Herausforderung“, sagt Susanne Nickel. Aber auch bei dieser bleibt es nicht. Überdies müssen Führungskräfte Konzepte für das persönliche Feedback gegenüber einzelnen Mitarbeitenden schaffen – auch das ist ein wichtiger Aspekt der Remote-Leadership-Thematik. Hierbei ist aus Nickels Sicht vor allem eines gefragt: Menschlichkeit.
„Mitarbeitende haben Bedürfnisse und brauchen Wertschätzung, sie wollen abgeholt werden, sie wollen Feedback bekommen und nicht im anonymen Raum schweben“, so die Buchautorin. „Also sollten sich Vorgesetzte für jeden Mitarbeitenden in One-on-Ones Zeit nehmen. Es ist wichtig, immer wieder nachzufragen und zuzuhören. Nur so wird es gehen.“ Ansonsten sei die Gefahr groß, den Draht zueinander zu verlieren und aneinander vorbei zu arbeiten statt miteinander.
Alles neu im Recruiting
Last but not least hat die Entwicklung hin zu einer virtuelleren Arbeitswelt auch Auswirkungen auf das Recruiting. Auch dieser Aspekt ist relevant für Führungskräfte und verschafft ihnen zunächst einmal Vorteile: Wenn Teams nicht mehr so regelmäßig ins Büro kommen und von überall arbeiten, können Bewerbende schließlich aus dem ganzen Land oder sogar aus anderen Ländern rekrutiert werden. Das erweitert den Radius bei der Personalsuche ungemein und ist in Zeiten des Fachkräftemangels eine durchaus gute Nachricht.
Allerdings sind dafür gut funktionierende virtuelle Recruiting-Techniken die nötige Voraussetzung. Zum Beispiel wird das Jobinterview in den digitalen Raum verlagert. Außerdem muss eine optimale Strategie für das Remote Onboarding her. Zwar gibt es auch hier bereits gute Ansätze, doch diese sind noch weit entfernt davon, ausgereift zu sein. Dafür ist die Thematik der virtuellen Zusammenarbeit einfach noch zu neu.
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Unser Fazit: In nächster Zeit kommen viele Veränderungen auf Führungskräfte und Personalverantwortliche zu. Wir sind gerne der Partner an Ihrer Seite und halten Sie mit hochaktuellen Tipps auf dem Laufenden. In unseren Online-Seminaren erfahren Sie zum Beispiel, wie Sie ihre Mitarbeitenden und Talente im Digital Age authentisch und zielgerecht begeistern.