Arbeitszeugnis: Bedeutung, Vorgaben und sprachliche Form
von Christina Pichlmaier
Arbeitszeugnisse haben in Deutschland Tradition und erfüllen bis heute wichtige Funktionen für Arbeitnehmende und Arbeitgebende. Bei künftigen Bewerbungen weisen sie Qualifikationen und Leistungen der Mitarbeitenden aus. Umgekehrt können Arbeitgeber die Zusammenarbeit auf diese Weise würdigen. Die tatsächliche Relevanz von Arbeitszeugnissen in der betrieblichen Praxis scheint jedoch zu sinken.
In diesem Artikel beleuchten wir die zentralen Aspekte rund um die Bedeutung von Arbeitszeugnissen in Deutschland. Wir gehen auf den Zweck, die Inhalte und den Zeugniscode sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen von Arbeitszeugnissen ein.
Zweck von Arbeitszeugnissen
Arbeitszeugnisse dienen in erster Linie dazu, die Leistung und das Arbeitsverhalten von Beschäftigten während einer bestimmten Beschäftigungszeit aus Sicht der Arbeitgebenden darzulegen und zu beurteilen. Als solches können sie für Erwerbstätige bei zukünftigen Bewerbungen wichtig sein. Umgekehrt erfüllen Arbeitgebende mit der Erstellung und Aushändigung des Arbeitszeugnisses einerseits gesetzliche Vorschriften und haben andererseits damit die Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis wohlwollend zu beenden.
Formalien im Arbeitszeugnis: Formulierung, Inhalt und Vorgaben
Das Arbeitszeugnis unterliegt in Deutschland gesetzlichen Vorgaben und Gepflogenheiten hinsichtlich Formulierung und Inhalt. Diese sollten Arbeitgebende bei der Erstellung berücksichtigen, um einem Anspruch auf Berichtigung entgegenzuwirken. Zentrale Aspekte sind die Unterscheidung in ein einfaches und ein qualifiziertes Zeugnis, der Anspruch des Mitarbeitenden auf eine physische Ausfertigung des Zeugnisses sowie die etablierte Zeugnissprache.
Pflicht der Ausstellung von Arbeitszeugnissen
Erwerbstätige haben bei Beendigung eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses – egal, ob es die Kündigung aus eigener Motivation, eine betriebsbedingte Kündigung oder andere Gründe sind – einen gesetzlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Diese Rechtsvorgabe umfasst drei Quellen:
- die Gewerbeordnung (§109 GewO) für alle Arbeitnehmenden
- das Bürgerlichen Gesetzbuch (§630 BGB) für andere Erwerbstätige (beispielsweise Beamt:innen)
- das Berufsbildungsgesetz (§16 BBiG) für Auszubildende und Praktikant:innen.
Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben darüber, ob ein Beschäftigungsverhältnis eine gewisse Mindestdauer aufweisen muss, damit für den Arbeitgebenden die Pflicht zur Ausstellung eines Zeugnisses besteht. Von Arbeitsgerichten wurde in der Vergangenheit jedoch von einer Mindestdauer von sechs Wochen ausgegangen. Unternehmen können aber auch bei kürzeren Zeiträumen ein Arbeitszeugnis ausstellen. Was dagegen explizit vorgeschrieben ist, ist die Aushändigung eines Arbeitszeugnisses in physischer Form (§109 Abs. 3 GewO).
Einfaches und qualifiziertes Arbeitszeugnis
In der Gewerbeordnung wird zudem zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Zeugnis unterschieden. Ein einfaches Zeugnis muss demnach mindestens die Eckdaten des Beschäftigungsverhältnisses, also Art und Dauer sowie die ausgeübten Tätigkeiten, umfassen. In der Realität gehen die Angaben meistens auch nicht darüber hinaus.
Das einfache Zeugnis eignet sich bei eher kurzen Arbeitsverhältnissen, bei denen es für den Arbeitgebenden andernfalls schwierig werden kann, Aussagen über Verhalten und langfristiger Leistung zu machen. Außerdem ist es eine Option für Arbeitnehmende, wenn eine schlechte Arbeitsbewertung droht sowie als reinen Tätigkeitsnachweis. Das sogenannte qualifizierte Zeugnis – also das, was landläufig unter Arbeitszeugnis verstanden wird – enthält darüber hinaus auch Angaben über die Leistung und das Verhalten des Mitarbeitenden während des Arbeitsverhältnisses.
Sprache und Formulierungen
Die Zeugnissprache zeichnet sich noch immer durch eine Art Zeugniscode aus. Die Bewertung im Arbeitszeugnis wird über nuancierte Ausdrücke beschrieben. Beispielsweise gilt nach wie vor im Arbeitszeugnis die Formulierung „Frau X hat die ihr zugewiesen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erfüllt“ als Note 1 für die Leistungen von Mitarbeitenden. Mit variablen Abstufungen und Kombinationen von „volle Zufriedenheit“ und „stets“ sowie „sehr gut“ und „hat versucht“ können Zeugnisse die gesamte Bandbreite an Bewertungen abdecken.
Diese kodierte Sprache hat sich aufgrund der gesetzlichen Vorgaben für Arbeitszeugnisse für Arbeitnehmende etabliert. Der Grund findet sich in der Gewerbeordnung: „Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. (§109 Abs. 2 Satz 2 GewO). Es dürfen also im Wortlaut des Zeugnisses keine Doppeldeutigkeit oder versteckte Botschaften enthalten sein.
Nun stellt sich im Hinblick auf den berühmt-berüchtigten Zeugniscode die Frage: Ist das etwa keine Doppeldeutigkeit oder versteckte Botschaft? Es mag auf den ersten Blick so scheinen, doch an dieser Stelle greifen die nuancierten Beschreibungen im Arbeitszeugnis: Die Bewertung der Leistung wird grundsätzlich positiv formuliert. Verbesserungswürdige Arbeit wird dementsprechend über Formulierungen transportiert, die wohlwollend gelesen werden können, um zukünftige Bewerbungsanstrengungen nicht zu erschweren oder zu behindern.
Eine weitere essenzielle Komponente ist die Schlussformel. Es mag seltsam klingen, doch auch hieran können sich die Geister scheiden. Wie auch bei einem sonstigen Brief kommt ihr eine Bedeutung im Arbeitszeugnis zu, und zwar die formelle Beendigung des Schriftstücks. Es bestehen jedoch keinerlei gesetzliche Vorgaben, wie diese abschließende Grußformel auszusehen hat. An dieser Stelle können Arbeitgebende also frei formulieren – Einspruch oder Änderungswünsche können Arbeitnehmende nicht gerichtlich einfordern. Der Grund: Persönliche Befindlichkeiten sind kein essenzieller Bestandteil der Bewertung im Arbeitszeugnis.
Arbeitszeugnis: Bedeutung und Relevanz
Traditionell haben Arbeitszeugnisse in Deutschland eine große Bedeutung. Für Mitarbeitende sind sie ein wichtiger Nachweis über ihre erbrachte Leistung und ihr Verhalten am Arbeitsplatz. Im Bewerbungsprozess wiederum kann das Zeugnis Auskunft über Qualifikationen, Motivation und die Leistungserbringungen geben. Die richtige Formulierung im Arbeitszeugnis kann also mitunter die Chancen bei der nächsten Bewerbung erhöhen.
Für Arbeitgebende erfüllen sie ebenso wichtige Funktionen: Zum einen tragen sie damit der Zeugnispflicht am Ende eines Arbeitsverhältnisses Rechnung und ermöglichen zum anderen einen weiteren Einblick in die Qualifikation eines potenziellen neuen Mitarbeitenden. Sie können aus Unternehmenssicht mitunter auch zum Employer Branding beitragen. Im Hinblick auf die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses können sich Arbeitgebende für die Zusammenarbeit bedanken. Sie drücken damit Wertschätzung für die erbrachte Leistung und den Einsatz des Mitarbeitenden aus. Darüber hinaus sorgt ein wohlwollendes Arbeitszeugnis dafür, das Ende des Beschäftigungsverhältnisses harmonisch zu gestalten und eventuellen Konflikten vorzubeugen.
Allerdings hat die Relevanz von Arbeitszeugnissen in der Personalarbeit deutlich abgenommen. Sie sind oftmals eher eine Formalität, die in Bezug auf die Vollständigkeit der Bewerbungsunterlagen greift. Sie werden seltener als ausschlaggebend für die Einstellung neuer Mitarbeitender eingestuft. Personalverantwortliche legen im Bewerbungsprozess dagegen eher Wert auf einen gut strukturierten, vollständigen Lebenslauf sowie das Anschreiben. Das gilt vor allem dann, wenn sie nur eine begrenzte Zeit zur Durchsicht einer Bewerbung aufwenden können.
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