Vorstellungsgespräch und Kosten für die Anreise: Wer ist wie am Zug?

Kandidat schüttelt Hand eines potenziellen Arbeitgeber beim Vorstellungsgespräch.

von Christina Pichlmaier

Mittlerweile finden viele Bewerbungsgespräche virtuell per Videochat statt. Dennoch bevorzugen viele Unternehmen und auch Bewerbende das persönliche Gespräch von Angesicht zu Angesicht. Im Rahmen dessen kommen vor allem für Kandidat:innen, aber auch für Personaler:innen organisatorische Fragen auf: Was darf ein Vorstellungsgespräch kosten? Können Bewerbende mit dem Flieger anreisen? Und sind Arbeitgebende grundsätzlich verpflichtet, zu bezahlen? Diesen und weiteren Fragestellungen um die Erstattung von Reisekosten für Jobinterviews gehen wir im folgenden Artikel nach.

Der gesetzliche Anspruch auf Kostenerstattung

Bewerbende haben einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass ein zum Gespräch einladendes Unternehmen die anfallenden Anfahrtskosten übernimmt. Grundsätzlich gilt diese Verpflichtung, wenn das Unternehmen:

  1. eine ausdrückliche Einladung zum Gespräch und
  2. keine Aussagen über die Kostenübernahme macht.

Beide Aspekte müssen zutreffen. Die Regelung zur Kostenübernahme ist im Bürgerlichen Gesetzbuch festgehalten (§670 BGB). Zudem besteht die Verpflichtung unabhängig davon, ob im Anschluss an das Vorstellungsgespräch ein Arbeitsverhältnis zustande kommt oder nicht. Sie gilt außerdem auch dann, wenn ein Arbeitgebender eine externe Unternehmensberatung oder ähnliches beauftragt, um Kandidat:innen zu finden und einzuladen. Der folgende Artikel soll einen Überblick über die wichtigsten Informationen zum Thema geben, ersetzt jedoch keine professionelle Rechtsberatung.

Umfang zu erstattender Kosten

Einen regelrechten Kostenkatalog gibt es nicht. In gesetzlicher Hinsicht gehören jedoch alle angefallenen Aufwendungen dazu, also nicht nur Fahrtkosten, sondern gegebenenfalls auch Übernachtung und Verpflegung. Die Höhe dieser Ausgaben sollten dem Aufwand angemessen sein. Das heißt, Erste-Klasse-Bahnfahrten, Fünf-Sterne-Übernachtung und ein Abendessen im Luxusrestaurant dürften für die meisten Personaler:innen den angemessenen Rahmen übersteigen.

Allerdings hängt es auch stark davon ab, in welchen hierarchischen Ebenen rekrutiert wird. In Gesprächen mit angehenden Führungskräften und mit High Potentials können Unternehmen oben genannte Beispielauslagen sogar als Anreiz einsetzen. Bei aussichtsreichen Positionen können die Unkosten für den Kandidaten oder die Kandidatin gegenüber den Zukunftschancen womöglich auch zweitrangig sein, sodass diese sie als Investition ansehen und gern selbst übernehmen.

Für Vorstellungsgespräche auf allen anderen Ebenen müssen sowohl Arbeitgebende als auch Kandidat:innen ein Gespür für die Situation zeigen. Zum einen tut sich ein Unternehmen in Sachen Employer Branding keinen Gefallen, wenn es Bewerbende um die Kostenübernahme prellt. Zum anderen kann es für die Kandidat:innen ungünstig sein, auf die Erstattung der Unkosten zu pochen. Kam das Thema jedoch bereits zur Sprache, dann wird oftmals folgendes vereinbart:

Anfahrt

In den meisten Fällen bezahlen Unternehmen den Bewerbenden Hin- und Rückfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln, beispielsweise Bus, Tram und Bahn, oder die Anreise mit dem eigenen Auto. Bei Bus- oder Bahnfahrkarten gelten die tatsächlichen Preise. Für die Anfahrt mit dem PKW gelten in der Regel die steuerlichen Bestimmungen zu Dienstreisen.

Die Anreise per Flugzeug, Mietwagen oder Taxi ist eher ungewöhnlich, kann aber unter Umständen gerechtfertigt sein. Hier sollten die zum Gespräch bittenden Personaler:innen genaue Angaben gegenüber den Kandidat:innen machen.

Übernachtung

Manchmal kann es für Bewerbende notwendig werden, am Ort des Unternehmens zu übernachten. Gründe hierfür können die Entfernung zum Heimatort oder die Uhrzeit des Gesprächs sein, sodass eine Rückfahrt nicht zumutbar ist. In dem Fall sollten Arbeitgebende auch die angemessenen Kosten für eine Übernachtung übernehmen und dies bei der Terminbestätigung mitteilen. Auch hier vermeidet eine vorherige Absprache mögliche Missverständnisse auf beiden Seiten. Es gelten die steuerlich zulässigen Bestimmungen für Dienstreisen.

Verpflegung

Ist eine Hotelübernachtung unumgänglich, dann gehört dazu auch die Verpflegung zur Unkostenerstattung. Dabei werden normalerweise ebenso steuerliche Spesensätze herangezogen.

Kosten fürs Vorstellungsgespräch organisieren

Klare Absprachen und eindeutige Angaben zahlen sich in der Geschäftswelt meistens aus. Das gilt auch für die Erstattung von Reisekosten zum Jobinterview. Damit können Personaler:innen den womöglich ohnehin nervösen Kandidat:innen eine Sorge nehmen und gleichzeitig vermeiden, von unerwünschten Rechnungen überrascht zu werden.

Konkrete Angaben bei der Einladung

Als Faustregel sollten Arbeitgebende bereits bei der Einladung konkrete Angaben machen. So vermeiden sie Missverständnisse und der oder die Kandidat:in weiß, woran er oder sie ist. Hat sich das Unternehmen bereit erklärt, die Kosten fürs Vorstellungsgespräch zu erstatten, dann sollte es darüber hinaus auch genauere Angaben zur Höhe der Kostenübernahme machen. Das kann zum Beispiel der Preis für eine Bahnfahrt zweiter Klasse vom Wohnort des Kandidaten oder der Kandidatin zum Gesprächsort sowie die Rückfahrt sein.

Teilweise Erstattung

Führt ein Unternehmen eine ganze Reihe Jobinterviews durch, um mehrere Arbeitsstellen oder einfache Positionen zu besetzen, dann ist es nicht ungewöhnlich, die Kosten anteilig zu erstatten, beispielsweise nur die Anfahrt. Auch hier sollten die verantwortlichen Personaler:innen darauf achten, dies im Voraus zu kommunizieren.

Wann müssen Arbeitgeber:innen keine Kosten für das Vorstellungsgespräch zahlen?

Es ist zwar beinahe unüblich geworden, aber dennoch darf der einladende Arbeitgeber die Kostenübernahme ablehnen. Unternehmen müssen dazu einige Aspekte beachten.

Vorherige Mitteilung

Wenn das zum Gespräch ladende Unternehmen keine Reisekosten erstattet, gilt die Voraussetzung, dies vorher ausdrücklich mittzuteilen. Idealerweise sollten Arbeitgeber:innen bereits in der Einladung zum Gespräch deutlich machen, dass die Kosten für die Anreise nicht erstattet werden.

Die Kandidat:innen müssen aber nicht auf den Ausgaben sitzen bleiben. Es besteht für sie die Möglichkeit, Aufwendungen für ein Jobinterview als Werbungskosten bei der Steuererklärung anzugeben.

Unaufgefordertes Erscheinen

Erscheinen Kandidat:innen unaufgefordert, also ohne ausdrückliche Einladung, zu einem Gespräch, sind Arbeitgebende nicht verpflichtet, Anreisekosten zu erstatten. Selbst wenn es tatsächlich zu einer Unterhaltung kommt. Ebenso wenig fungiert die Stellenausschreibung an sich als indirekte Gesprächseinladung. Unterm Strich müssen Arbeitgebende also nur dann Anfahrtskosten übernehmen, wenn eine ausdrückliche Einladung ausgesprochen wurde.

Kostenübernahme durch die Agentur für Arbeit

Wenn Bewerber:innen offiziell als arbeitslos gemeldet sind, können sie anfallende Kosten fürs Vorstellungsgespräch bei der Agentur für Arbeit erstattet bekommen (§44 SGB III). Der Arbeitgebende muss seinerseits jedoch die Übernahme der Kosten ablehnen. Dadurch soll eine missbräuchliche doppelte Abrechnung seitens der Jobsuchenden vermieden werden.

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