Wie Ihr Unternehmen durch (digitales) Netzwerken zum Bewerbermagneten wird
Ute Blindert wohnt und arbeitet als Beraterin und Autorin in Köln. Ihr Thema: Netzwerken in digitalen Zeiten für Karriere und Recruiting. Die Expertin ist fest überzeugt: Netzwerken mit Strategie ist der Schlüssel, dass die richtigen Menschen zueinander finden. Darüber spricht sie in ihrem Podcast “Karrierebooster Netzwerke(n)”, bloggt, schreibt Bücher und hält eine Keynote beim diesjährigen Monster Symposium am Donnerstag, 8. März, in Frankfurt. Uns hat Ute Blindert vorab schon ein paar Einblicke gewährt.
Das Interview führte Sonja Dietz
Warum steigt die Bedeutung der Netzwerkrekrutierung?
In vielen Branchen zeigt sich heute schon, dass es schwer ist, die passenden Leute zu finden. Unternehmen sind oftmals verzweifelt auf der Suche nach Fachkräften. Vor allem im Bereich IT und Technik, aber auch für Schnittstellenfunktionen.
Diese Mitarbeiter findet man selten über Stellenanzeigen, also indem ich als Unternehmen eine Anzeige veröffentliche und dann auf Bewerbungen warte. Stattdessen muss ich diese Leute aktiv ansprechen. Entweder mithilfe von Headhuntern oder eben selbst, indem ich Active Sourcing betreibe oder diese Leute auf mein Unternehmen neugierig mache – bis ich sie vielleicht irgendwann von mir überzeugen kann.
Ich muss als Unternehmen quasi zum Bewerbermagneten werden, der die richtigen Leute anzieht. Und das gelingt mir – auch –, indem ich diese potenziellen Kandidaten da abhole, wo sie sich aufhalten: Zum Beispiel in bestimmten Netzwerken.
Welche Fehler unterlaufen Arbeitgebern dabei allerdings häufig noch?
Neulich kam in meinem Seminar die Frage auf: “Was sind die neuesten Netzwerke oder Anwendungen?” Na klar! Wir können dann über Messenger und Chatbots reden. Was aber überhaupt keinen Sinn macht, wenn meine Karrierewebsite quasi als Anti-Bewerbungstool wirkt. Oder wenn ich auf der einen Seite als Arbeitgeber einen so guten Ruf habe, dass ich viele Bewerbungen generiere, auf der anderen Seite mein Bewerbungsprozess aber so schlecht ist, dass ich die Leute dort wieder verliere.
Da haben Sie Recht: Es macht keinen Sinn, den zweiten Schritt vor dem ersten zu gehen. Aber nehmen wir an, es stimmen alle Voraussetzungen im Recruiting-Prozess. Dann gibt es schon Netzwerke, die in Sachen Recruiting relevanter sind als andere, richtig?
In Köln sagt man: “Et kütt drop an” – was übersetzt heißt: Es kommt darauf, wen man sucht. Wenn ich Entwickler brauche, werde ich die nicht unbedingt bei Xing finden, wohl aber bei Stackoverflow oder bei GitHub. Designer zeigen sich dagegen bei BeHance oder DeviantArt. Absolventinnen surfen eher bei Instagram als ihre männlichen Counterparts und die Nutzung von Facebook nimmt bei jüngeren Leuten ab, stattdessen sind diese bei SnapChat oder nutzen Messenger.
Wie ich diese Kanäle als Unternehmen nutze, muss ich genau überlegen. Wichtig ist aber auch, dass wir nicht allein von digitalen Netzwerken reden sollten, auch Präsenz und Austausch im richtigen Leben sind enorm wichtig, zum Beispiel mit Vorträgen an Hochschulen, auf Konferenzen und anderen Veranstaltungen.
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Wie können Unternehmen außerdem die Netzwerke ihrer Mitarbeiter erschließen, so dass die passenden Bewerber wie von selbst zu ihnen finden?
Wichtig beim Netzwerken ist immer: Unternehmen netzwerken nicht. Menschen netzwerken mit Menschen! Die Menschen in einem Unternehmen, und da sind besonders die Führungskräfte gefragt, sollten eine Kultur der Offenheit leben – und damit auch die Mitarbeiter ermutigen, in sozialen Medien über ihren Joballtag zu berichten. Aus meiner Arbeit mit Verkehrsunternehmen kenne ich das sehr gut: Mittlerweile wird durch Social Media ein Austausch und eine Beteiligung von Mitarbeitern über alle Ebenen hinweg gelebt, die auch den Unternehmen als Arbeitgeber zugutekommt.
Klar: Mitarbeiter, die in ihren Netzwerken zeigen, dass sie Spaß bei der Arbeit haben, weil sie diese zum Beispiel zu vielfältigen Veranstaltungen führt, begeistern als Markenbotschafter auch potenzielle Talente aus ihrem Netzwerk für den Arbeitgeber. Aber wie können Mitarbeiter aktiv begeistert werden, für ihr Unternehmen zu netzwerken?
Frage: Wann empfehlen wir ein Produkt oder einen Service weiter? Wenn er uns gefallen hat und wir zufrieden sind! Zumindest manchmal. Es fehlt nämlich noch etwas: Wir machen das noch viel lieber, wenn wir dazu eingeladen oder beteiligt werden – wenn wir uns ernst genommen fühlen.
Es braucht vor allem Vorbilder im Unternehmen – und am besten schreitet die Führungsriege vorneweg. Außerdem sollten Mitarbeiter gesucht und unterstützt werden, die Lust auf mehr Sichtbarkeit haben. Dabei muss man sich natürlich auch damit auseinandersetzen, dass durch mehr Präsenz auch mal eine Mitarbeiterin abgeworben wird.
Ist die Hemmschwelle von Mitarbeitern, als Markenbotschafter für ihren Arbeitgeber zu fungieren aus ihrer Sicht noch groß?
Auch hier kommt es auf das Unternehmen und die Mitarbeiter an. Es gibt Positionen, die davon leben, dass man sich zeigt, im Gespräch ist, sich austauscht – und das auf eine Art und Weise, die auch über das eigene Fachgebiet hinaus wahrgenommen wird.
Wenn Sie aber mit Fach- und Führungskräften aus dem Bereich IT und Technik sprechen, sind diese oft sehr zurückhaltend. Sie wollen lieber ihre Arbeit machen und haben natürlich oft auch extrem wenig Zeit, um sich in Netzwerken zu tummeln. Hier sollte man als Arbeitgeber schauen, wer eventuell bereit ist, sich da mehr einzubringen und dann gemeinsam erarbeiten, wie sich die Nutzung des Netzwerks erweitern lässt – Schritt für Schritt und am besten auch begleitet von jemand, der sich damit auskennt.
Ute Blindert wohnt und arbeitet als Beraterin und Autorin in Köln. Ihr Thema: Netzwerken in digitalen Zeiten für Karriere und Recruiting – denn Netzwerken mit Strategie ist der Schlüssel, dass die richtigen Menschen zueinander finden. Darüber spricht sie in ihrem Podcast “Karrierebooster Netzwerke(n)“, bloggt und schreibt Bücher. Sie hält Vorträge und berät Fach- und Führungskräfte sowie Solopreneure und kleine Unternehmen, wie sie Netzwerken für Veränderungsprozesse und Mitarbeitergewinnung nutzen können. Ehrenamtlich engagiert sie sich als Finanzvorstand der Digital Media Women e.V.