Employer Brand: Mehr als eine Hochglanzbroschüre

Lachende Frau im Bürostuhl

In der Tourismusbranche ist die TUI ein begehrter Arbeitgeber. Und tatsächlich sucht das Unternehmen kontinuierlich nach Reiseverkehrsexperten zur Verstärkung seiner Teams. Aber auch in anderen Bereichen wie im IT & E-Commerce, im Human Resources Management, Finanz- und Rechnungswesen oder im Marketing werden stets neue Talente gesucht.  Die Herausforderung, von Kandidaten dieser Fachrichtungen wahrgenommen zu werden, ist jedoch größer. René Thiele vom TUI Recruiting Office gewährt im Monster Year Report  Einblicke, wie es dem Konzern dennoch gelingt, bereichsübergreifend auf sich aufmerksam zu machen.

Das Interview führte Sonja Dietz

Herr Thiele, beschreiben Sie uns kurz die spezielle Ausgangssituation Ihres Konzerns?
Die TUI hat als Marktführer in der Branche natürlich weniger Probleme Touristiker für ihre offenen Vakanzen zu finden. Diese kommen von sich aus auf uns als potenziellen Arbeitgeber zurück. Das gilt aber nicht unbedingt für andere Zielgruppen wie IT- oder Wirtschaftswissenschaftler. Aber auch hier wollen wir die Besten für unseren Konzern finden und für einen Einstieg überzeugen. Dies ist jedoch nicht so einfach, da die gesuchten Talente auf dem Arbeitsmarkt rar sind und der Wettbewerb unter den Arbeitgebern dementsprechend groß ist.

Employer Brand: Es geht schon beim Recruiting los

Welche Recruiting Kanäle nutzen Sie?
Es gibt unterschiedliche Wege, über die wir Kandidaten ansprechen. Etwa über generalistische Jobbörsen, aber auch über die einschlägigen Social Media Kanäle wie Facebook und YouTube, wo wir eigene Karriereseiten haben. Und nicht zuletzt auf Businessnetzwerken wie Xing oder LinkedIn werben wir um Fachkräfte. Wobei wir niemanden ansprechen, der nicht angesprochen werden will und das in seinem Profil entsprechend gekennzeichnet hat. Das respektieren wir selbstverständlich.

Über welchen Recruiting Kanal resultieren die meisten Einstellungen?
Das beobachten wir sehr genau und können aufgrund unserer eingesetzten E-Recruitinglösung exakt nachvollziehen, über welche Kanäle die Bewerber zu uns kommen. Die meisten Bewerbungen erhalten wir über unsere eigene Job- und Karriereseite. An zweiter Stelle  liegen externe Jobportale wie Monster und an dritter Stelle die sozialen Medien.

Wie erreichen Sie besonders schwer auffindbare Zielgruppen?
Das geht meist nur über gezieltes Active Sourcing, also die Direktansprache von Kandidaten. In der Regel sprechen wir sie selbst an, sowohl on- als auch offline.  Neben den Direktansprachen, vornehmlich über soziale Business Netzwerke, sind wir auch persönlich an Schulen, Hochschulen sowie auf Job- und Ausbildungsmessen zu finden. Nur in Ausnahmefällen beauftragen wir auch mal Headhunter und Personaldienstleister. Denn das TUI Recruiting Office fungiert innerhalb des Konzerns als interner Personaldienstleister – mit entsprechend ausgebildeten Spezialisten.

Employer Brand: Active Sourcing muss darauf einzahlen

Nutzen Sie beim Active Sourcing auch spezielle Online-Tools wie Talentsuchmaschinen?
Nein, bislang nicht. Wir greifen vereinzelt auf Lebenslaufdatenbanken zurück, doch so ein spezielles Tool fürs Active Sourcing, könnte durchaus irgendwann interessant werden: Eine Art Google für die Personalsuche.  Das stelle ich mir hilfreich vor. Man sucht ja beim Recruiting tatsächlich oftmals nach der berühmtberüchtigten Nadel im Heuhaufen. Mit einer Talentsuchmaschine lassen sich Kandidaten sicherlich recht schnell finden.

Herr Thiele, gewähren Sie uns einen Blick in die Recruiting-Strategie der TUI? Beschreiben Sie Ihre uns Ihre außergewöhnlichsten Maßnahmen und wie Sie dabei vorgegangen sind?
Wir verfolgen hier eher eine konservative Strategie. Wir tracken den kompletten Recruiting-Prozess und werten daraufhin aus, was gut läuft. Diese Maßnahmen setzen wir fort, die weniger erfolgsversprechenden sortieren wir aus. Beim Thema „außergewöhnliche Recruiting-Maßnahmen“ fällt mir eine Aktion eines anderen Unternehmens ein, das den Mitarbeitern vom Wettbewerber eine Gratispizza mit dem eigenen Unternehmenslogo darauf spendierte, um diese auf sich aufmerksam zu machen. In HR-Kreisen wird diese außergewöhnliche Personalmarketingmaßnahme durchweg positiv diskutiert.

Lassen Sie uns noch kurz über Millennials sprechen: Die „jungen Wilden“ werden im HR Bereich manchmal als „schwierig“ und besonders „erwartungsvoll“ beschrieben. Muss die Generation Y wirklich erst noch gezähmt werden?
Die Generation Y ist vor allem eines: Heiß begehrt auf dem Arbeitsmarkt. Eine geringe Absolventenzahl steht einer hohen Zahl an vakanten Stellen gegenüber. Für HR ist das die eigentliche Herausforderung. Daher sind wir sehr präsent an den Hochschulen und pflegen Kontakte zu Professoren und Career Centern. So entsteht der Kontakt noch während des Studiums. Erfreulicherweise ist die TUI speziell für junge Kandidaten aber ohnehin ein durchaus attraktiver Arbeitgeber. Die Generation Y will insbesondere wissen, wofür sie arbeitet, und was gibt es Schöneres, als mit dazu beizutragen, unseren Kunden die beste Zeit des Jahres zu verschaffen.

Employer Brand: Was bieten Arbeitgeber einem Bewerber?

Was antworten Sie einem Bewerber, auf die Frage, was Sie ihm als Arbeitgeber bieten? Immerhin haben Kandidaten heute praktisch die freie Wahl, wo und bei wem sie arbeiten.
Dem antworte ich, dass wir uns als Konzern der sozialen Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern vollauf bewusst sind. Daher wollen wir beispielsweise die Balance zwischen Arbeit und Privatleben fördern – mit flexiblen Arbeitszeiten oder Home-Office-Lösungen. Man kann sich auch längere Auszeiten nehmen, wenn man beispielsweise einmal eine Weltreise machen möchte. Wir sind ja schließlich ein Touristikkonzern. Darüber hinaus haben wir eine eigene Krippe, in der der ein- bis dreijährige Nachwuchs unserer Mitarbeiter betreut wird, wir machen Angebote zur Gesundheitsprävention, auch Massagen am Arbeitsplatz gibt es. Und das Essen aus dem Betriebsrestaurant wird vom Unternehmen bezuschusst. Es gibt aber noch viel mehr.

Welche Tipps würden Sie anderen Recruitern in punkto „Millenial Recruiting“ auf den Weg geben?
Grundsätzlich müssen sie offen sein gegenüber der Zielgruppe. Ein Unternehmen darf sich nicht hinter Hochglanzwebseiten oder Broschüren verstecken, es muss anfassbar sein, damit Kandidaten einen authentischen Einblick und Eindruck erhalten. Intern haben wir ein lockeres, offenes Miteinander und ziehen an einem Strang. Diese gute Kultur transportieren wir über das Social Web und Präsenzveranstaltungen nach außen. Junge Talente müssen einfach merken, dass das, was wir versprechen auch mit dem Arbeitsalltag übereinstimmt.

Employer Brand: Das Innenleben eines Unternehmens muss stimmen

Wie gelingt es konkret, den Unternehmensspirit nach außen zu tragen?
Für unsere Job- und Karriereseite haben wir beispielsweise eine Reihe an Mitarbeitervideos gedreht, in dem unsere Angestellten erklären, was ihren Job und das Arbeitsleben bei uns so besonders macht. Über unsere Facebook Karriereseite posten wir regelmäßig Beiträge, mit dem Ziel zu informieren, wie es bei TUI hinter den Kulissen zugeht. Wir wollen zeigen, wie wir hier arbeiten, was die Kollegen aktuell beschäftigt und was sonst noch so in der World of TUI passiert. Dabei kommt es in erster Linie auf Authentizität an, sonst wird das Medium von der Generation Y nicht angenommen.

Das sind hohe Ziele und Ansprüche…
Nein, eigentlich nicht. Vorausgesetzt, es wird im Unternehmen von oben nach unten und von unten nach oben auch so gelebt. Denn wir wollen, dass sich unsere Mitarbeiter bei uns wohlfühlen und das auch anderen gegenüber ausstrahlen. Nicht zuletzt ist die Arbeitswelt durch das Social Web transparenter geworden. Stichwort: Arbeitgeberbewertungsportale. Bei Unternehmen, die dort schlechte Rezensionen haben, sinkt die Resonanz auf Stellenausschreibungen bewerberseitig automatisch. So etwas brauchen wir nicht zu fürchten. Wir sind jederzeit offen für Verbesserungsvorschläge aus den eigenen Reihen und setzen diese auch gerne um. Das ist uns ganz wichtig. Denn die Mitarbeiter sollen sich mit unserem Unternehmen identifizieren können und das gelingt nur, wenn sie auch mitreden und mitgestalten können.