9 Fragen an einen Monster-Experten zum Thema Employer Branding

Kollegen vor Webmeeing

„Employer Branding“ ist das Trendthema: Jeden Tag gibt es dazu neue Medienberichte, Erfolgsgeschichten oder auch Beispiele für Misserfolge. Dabei schwirren zahlreiche Begriffe durch die HR-Welt: Image, Zielgruppensegmentierung, Empathie, Authentizität, Emotionalität. Es scheint, als wüssten alle genau Bescheid. Ist das so? Ein Interview mit dem Employer Branding Experten Dirk Pühl von Monster.

Das Interview führte Dr. Katrin Luzar, Senior Manager PR bei Monster

Der Hintergrund: Die Studienreihe Recruiting Trends hat ermittelt, dass nur etwa 40 Prozent der befragten Personalverantwortlichen ihre Fähigkeiten in diesem Bereich als gut oder sehr gut einschätzen. Es ist also nicht so, dass der überwältigende Teil der Personaler sich als Experten sehen. Es gibt noch viel Potenzial, um sich fortzubilden und sich über den aktuellen Stand zu informieren.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass jeder wüsste, was sich genau hinter Employer Branding verbirgt, schließlich wird genug darüber geredet. Vielleicht können Sie aber einmal von der Gegenseite her antworten: „Was ist Employer Branding nicht?“
Ohne Sinn und Konzept mit nichtssagenden Bildchen, austauschbaren Sprüchen und einer wahllosen Medienauswahl zu glauben, dass man eine attraktive und vor allem glaubwürdige Identität als Arbeitgeber schafft, die in einer Wettbewerbssituation um die besten Köpfe anziehend wirkt.

Häufig sind große Unternehmen schon sehr weit, wenn es um die Definition der Arbeitgebermarke geht. Ist das auch etwas, was für kleine und mittelständische Unternehmen relevant ist?
Auf jeden Fall – sich als Unternehmen darüber bewusst zu werden, wer man ist, was man richtig gut macht – und was nicht – das ist elementar, wenn man glaubwürdig verbreiten möchte, warum man gerade dort arbeiten sollte und nicht für den Wettbewerber.

Ranglisten sind eine feine Sache. Welche drei Unternehmen machen aus Ihrer Sicht einen guten Job im Bereich „Employer Branding“?
Wenn man überlegt, dass Einstufungen in diesen Ranglisten ziemlich oft für teuer Geld eingekauft werden, dann ist die Sache nicht mehr ganz so fein – einen guten Auftritt legen aber in jedem Fall die dm-drogerie-markt GmbH, Bosch und BMW hin.

Welchem Unternehmen würden Sie dringend eine Employer Branding Strategie empfehlen?
Den allermeisten.

Wenn Sie an Employer Branding denken, welche drei Begriffe fallen Ihnen ein?
Glaubwürdig, transparent, mitarbeiterorientiert. Warum? Weil  Schönfärbereien, Unter- und Übertreibungen sich in der Regel mit einer einfachen Suche bei Google oder spätestens in einem der einschlägigen Arbeitgeberbewertungsportale einer Realitätsprüfung unterziehen lassen. Unternehmen sind in den letzten Jahren durch die Verfügbarkeit von Informationen in Echtzeit und die sozialen Medien sehr transparent (geradezu gläsern) geworden.  Oder wer lediglich Phrasen drischt und Textbausteine aus den Informationsangeboten (z.B. Anzeigen, Karrierewebseiten) anderer Unternehmen herauskopiert hat, wird ganz schnell als unglaubwürdig überführt.

Dasselbe gilt auch, wenn es die Darstellung des konkreten Arbeitsumfeldes geht: Ein Unternehmen, das sich flacher Hierarchien rühmt und tatsächlich als internationale Matrixorganisation mit komplexen Berichts- und Abstimmungswegen aufgestellt ist, wird beim Mitarbeiter Frustrationen hervorrufen. Frage: Ist das wirklich notwendig, nur damit es sich schön liest? Deshalb – auch mit scheinbaren Schwächen positiv umgehen und ruhig auch einmal hervorheben, dass man z.B. aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat.

Warum ist Employer Branding immer eine Aufgabe, die die HR-Abteilung gemeinsam mit dem Management und der Belegschaft lösen muss?
Weil Strategien, die jenseits der Realität auf dem Reißbrett entworfen wurden, nie funktionieren.

Thema Produkte: Gibt es aus Ihrer Sicht einfache Produkte oder Werkzeuge, die Personalverantwortliche nutzen können, um ihre Arbeitgebermarke an die potentiellen Kandidaten zu kommunizieren?
Gut gemachte Stellenanzeigen mit richtigem Inhalt, einfache Bannersysteme, die auf diese Anzeigen verweisen – am Ende des Tages steht und fällt aber sehr viel mit einer gut gemachten Karrierehomepage.

Was glauben Sie, ist „Employer Branding“ nur ein Hype oder wird uns das Thema noch länger begleiten?
Ob der Begriff selbst die nächsten Jahre übersteht, ist fraglich – der Prozess an sich, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein oder zu werden und sich bei potentiellen Bewerbern zu bewerben, statt umgekehrt nur eine Erwartungshaltung zu kommunizieren, wird sicher nicht mehr verschwinden – allein schon auf Grund der demographischen Entwicklung und des immer weiter steigenden Bedarfs an Know-how.

Einmal ganz persönlich: Warum macht Ihnen die gemeinsame Arbeit mit Personalverantwortlichen an Employer Branding Konzepten Spaß?
Weil es um Emotion und Begeisterung geht, um Identität und Stolz darauf zu sein, wo man arbeitet – und je tiefer man gemeinsam mit den Personalverantwortlichen und den Fachbereichen in die Materie einsteigt, desto schneller bekommen Menschen glänzende Augen, auch bei scheinbar ganz drögen Themen, und dann kann man als Konzepter auch richtig spannende und vor allem glaubwürdige Geschichten erzählen, über einen Hidden Champion, der sich in Sachen Arbeitgebermarke nicht hinter den Großen verstecken muss. (Bild: Fotolia)