Entgelttransparenzgesetz: Wie neugierig sind Arbeitnehmer wirklich?
Was verdienen die Kollegen? Seit Januar muss das kein Geheimnis mehr sein. Denn im Rahmen des Entgelttransparenzgesetzes gilt unter bestimmten Voraussetzungen ein individueller Auskunftsanspruch für Arbeitnehmer, die wissen wollen, was dem Kollegen am Nachbartisch Monat für Monat aufs Konto fließt. Aber: Wie groß ist eigentlich die Neugier der deutschen Arbeitnehmer beim heiklen Thema „Gehalt“? Dieser Frage ist Monster in einer YouGov Online-Umfrage* nachgegangen. Das Ergebnis überrascht: Jeder Fünfte weiß bereits, wie viel er im Vergleich zu seinen Kollegen verdient. Die Hälfte der Befragten würde die Möglichkeit aber gerne in Anspruch nehmen und sich über vergleichbare Gehaltstrukturen im Unternehmen informieren.
Entgelttransparenzgesetz: Das sind die Inhalte
Das Tabuthema Gehalt treibt deutsche Arbeitnehmer schon lange um: Darf man nun oder darf man nicht mit Kollegen über Gehälter sprechen? Tritt betretenes Schweigen auf, wenn man vorsichtig in die Runde fragt oder kann man sich locker bei einem Feierabenddrink darüber unterhalten? Mit dem individuellen Auskunftsanspruch lässt sich dieses Dilemma nun umgehen.
Ab soforft dürfen Beschäftigte unter bestimmten Bedingungen fragen, wie viel ihre Kollegen verdienen. Anspruchsberechtigt ist, wer in einem Betrieb mit mehr als 200 Mitarbeitern arbeitet. Der Anspruch bezieht sich auf Beschäftigte des anderen Geschlechts, die eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit, ausüben und muss schriftlich eingereicht werden. So will es das neue Entgelttransparenzgesetz.
Ziel des Gesetzes ist, mit dem Plus an Transparenz dazu beizutragen, dass sich die bestehende Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, auch als Gender Pay Gap bezeichnet, endlich schließt: Gleicher Lohn für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Beschäftigung und Qualifikation.
Gender Pay Gap: Spielt es überhaupt eine Rolle, wie hoch es ist?
Tatsächlich klafft Statistiken zufolge zwischen Männern und Frauen eine Lohnlücke von 21 Prozent. Wobei diese nicht um Faktoren wie Teilzeitarbeit oder Karrierelevel bereinigt ist. Das bereinigte Gender Pay Gap liegt bei etwa sechs Prozent. Aber bereinigt hin, bereinigt her – fest steht: Es gibt eine Einkommenslücke zwischen Mann und Frau, die ausschließlich auf das Geschlecht zurückzuführen ist. Und da sind streng genommen ein oder zwei Prozent bereits ein oder zwei Prozent zuviel und kein gutes Signal in punkto Gleichberechtigung.
Das Entgelttransparenzgesetz sieht daher neben der Offenlegung der Gehälter auch die Einführung betrieblicher Verfahren zur Überprüfung der Lohngleichheit vor: Private Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten sind aufgefordert, die Löhne regelmäßig auf die Einhaltung des Gebots der Entgeltgleichheit zu überprüfen und die Beschäftigten über die Ergebnisse zu informieren. Liegen geschlechterspezifische Diskrepanzen vor, ist der Arbeitgeber verpflichtet, nachzubessern.
Frauen wollen nicht über das Gehalt sprechen
Monster wollte dazu wissen, inwiefern insbesondere der individuelle Auskunftsanspruch für Arbeitnehmer von Interesse ist und ging dieser Frage im Rahmen einer YouGov Online-Umfrage* nach. Die Ergebnisse liegen nun vor und bescheinigen: Das Interesse ist durchaus groß. Es geben aktuell 65 Prozent der Befragten an, dass sie von der Möglichkeit, sich über das Gehalt der Kollegen zu informieren, Gebrauch machen würden.
35 Prozent sehen davon ab. Die Hauptgründe hierfür sind:
- Fehlende Relevanz (49 Prozent)
- Der Wunsch, dass das eigene Gehalt nicht ebenfalls offengelegt wird (33 Prozent)
- Die Meinung, dass das Gehalt individuell verhandelt werden sollte (22 Prozent).
Das Kuriose dabei ist: Ausgerechnet Frauen sind dabei die Geheimniskrämer. Während 38 Prozent der weiblichen Arbeitnehmer wollen, dass das Gehalt privat bleibt, stimmen dem nur 29 Prozent der Männer zu. Zu den top drei Gründen, warum Arbeitnehmer sich gerne nach dem Verdienst ihrer Kollegen erkundigen möchten, gehört:
- Der Wunsch nach mehr Transparenz (57 Prozent).
- Das Bestreben, sich besser auf Gehaltsverhandlungen vorbereiten zu können (50 Prozent).
- Die Vermutung, weniger als die Kollegen zu verdienen (15 Prozent).
Young Professionals sind neugieriger
Das Interesse am Gehalt der Kollegen scheint allerdings mit der Berufserfahrung zu sinken, denn während nur sieben Prozent der 45 bis 54-Jährigen sich darüber sorgen, dass sie weniger verdienen könnten als ihre Kollegen, vermuten das doppelt so viele der Umfrageteilnehmer im Alter zwischen 25 und 34 Jahren.
Generationsunterschiede werden auch beim Thema Transparenz deutlich: Jeder dritte Millennial (24 bis 34 Jahre) wünscht sich mehr Transparenz beim Gehalt, aber nur jeder vierte der älteren Generation (45 bis 54 Jahre) würde aus diesem Grund nach dem Gehalt der Kollegen fragen.
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Über die Umfrage:
*Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 2.039 Personen zwischen dem 24. und 26.01.2018 teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.