Arbeitsverträge rechtssicher gestalten
Überraschend ist die Vielfalt der in den Unternehmen existierenden Arbeitsverträge nicht. Denn zum einen führen die unterschiedlichen Bedürfnisse der Arbeitgeber zu einer differenzierten Ausgestaltung der Arbeitsverträge. Andererseits ergibt sich eine unterschiedliche Ausprägung der Arbeitsverträge aus den wandelnden und vielfältigen Anforderungen des Arbeitsrechts und der Spruchpraxis des Bundesarbeitsgerichts zur (Un-)Zulässigkeit verschiedenster Arbeitsvertragsklauseln.
Arbeitgeber sollten also nicht davon ausgehen, mit der Erstellung eines Muster-Arbeitsvertrags auf Jahre versorgt zu sein. Es gibt zudem nicht DEN perfekten Muster-Arbeitsvertrag. Eine gute Vertragsgestaltung gelingt nur, wenn diese auf die (wandelbaren) individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Arbeitgebers zugeschnitten wird und die Entwicklungen der Rechtsprechung und die Gesetzeslage laufend berücksichtigt werden.
Arbeitsvertrag: Die Form entscheidet
Obwohl es keine gesetzliche Pflicht ist, sollten Arbeitsverträge immer schriftlich abgeschlossen werden. Gute Arbeitsverträge zeichnen sich durch eine einfache und verständliche Sprache mit Fokussierung auf die wichtigen Inhalte aus. Denn Basis des Arbeitsverhältnisses sollte die vertrauensvolle Zusammenarbeit sein. Der Arbeitsvertrag kann hierfür nur interessengerechte Rahmenbedingungen schaffen. Zu viele Detailregelungen im Arbeitsvertrag lassen den Mitarbeiter darauf schließen, dass der Arbeitgeber ihm von Anfang an nicht das volle Vertrauen entgegenbringt.
Eine Befristung der Tätigkeit muss allerdings schriftlich vereinbart werden, sonst ist sie unwirksam und es besteht ungewollt ein unbefristeter Arbeitsvertrag (vgl. §§ 14 Abs. 4, 16 Satz 1 Halbsatz 1 TzBfG).
Verwendung von Richtlinien und sonstigen Regelungswerken im Arbeitsvertrag
Um den Arbeitsvertrag nicht mit Detailregelungen zu überlasten, sollten Arbeitgeber auf Richtlinien oder sonstige Regelungswerke zurückgreifen (z.B. “Leitfäden”, “Mitarbeiterhandbücher”). Diese können etwa Regelungen zu Dienstwagen, Boni, Home-Office, Arbeitszeitregelungen oder nur eine Tätigkeitsbeschreibung beinhalten. Diese Regelungswerke sollten dem Arbeitsvertrag beigefügt werden.
Es ist sehr üblich, im Arbeitsvertrag auf das entsprechende Regelungswerk “in seiner jeweils geltenden Fassung” zu verweisen, da der Arbeitgeber sich spätere Änderungen des Regelungswerks vorbehalten möchte, ohne gleichzeitig den Arbeitsvertrag ändern zu müssen. Das Bundesarbeitsgericht hält solche “dynamischen Verweisungen” jedoch für unzulässig. Es gilt daher grundsätzlich nur die zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsabschlusses geltende Fassung des Regelungswerkes. Um eine neue Fassung des Regelungswerkes rechtssicher einzuführen, müssten Arbeitgeber daher die Zustimmung der Mitarbeiter einholen.
Arbeitgeber müssen außerdem stets beachten, ob solche Regelungswerke der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen und daher in Form einer Betriebsvereinbarung verankert werden müssen.
Typische Inhalte eines Arbeitsvertrages
Ein Blick in das Gesetz lohnt, um sich die Mindestinhalte eines Arbeitsvertrages vor Augen zu führen (vgl. § 2 NachwG). Unabhängig davon sollten Arbeitgeber gleichwohl je nach den Umständen des einzelnen Arbeitsverhältnisses insbesondere Folgendes regeln:
- Tätigkeitsbeschreibung, Arbeitsort, Versetzung (örtlich sowie tätigkeitsbezogen)
- Überstunden, Dienstreisen
- Vergütung (fix und variabel),
- (Private) Nutzung von Betriebsmitteln (z.B. Dienstwagen, Laptop, Smartphone), private Internetnutzung am Arbeitsplatz
- Urlaub
- Betriebliche Altersversorgung
- Kündigungsfristen, Probezeit, Befristung
- Geheimhaltung
- Nebentätigkeit
- Schutzrechte
- Ausschlussfristen, Rückgabe von Gegenständen
- Bezugnahme auf Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Richtlinien
Ausgemustert: Viele Klauseln sind unwirksam
Verwendet der Arbeitgeber einen vorformulierten Arbeitsvertrag, liegen schon bei einmaliger Verwendung sogenannte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB’s) vor, welche sich an einem gesetzlichen Katalog von Klauselverboten und an vielschichtigen Entscheidungen der Rechtsprechung messen lassen müssen (vgl. §§ 307 ff. BGB).
Klassiker sind etwa Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte, Versetzungsklauseln, Verfallsklauseln für Urlaubsansprüche oder Abgeltungsklauseln für Überstunden.
Die Unwirksamkeit einer Klausel hat nicht die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages zur Folge, sondern die übrigen Klauseln bleiben erhalten. Eine Klausel kann auch nur teilweise unwirksam sein: das kann etwa bei einem Leistungsversprechen mit unwirksamen Widerrufsvorbehalt dazu führen, dass der Arbeitgeber die Leistung gewähren muss, aber nicht mehr widerrufen kann.
Durchsetzung neuer Arbeitsbedingungen
Die regelmäßige Überprüfung der Arbeitsvertragsmuster sollte für Arbeitgeber selbstverständlich sein. Wenn Arbeitgeber feststellen, dass eine Arbeitsvertragsklausel unwirksam ist, besteht Handlungsbedarf.
Arbeitgeber sollten Risiken der derzeit verwendeten Arbeitsverträge (insbesondere die Undurchsetzbarkeit von Klauseln) intern festhalten und die Vertragsgestaltung bei neuen Mitarbeitern ggf. anpassen.
Einmal zugesagte Inhalte des Arbeitsvertrages lassen sich hingegen nur schwer wieder ändern. In Betracht kommen dafür nur eine Änderungsvereinbarung (erfordert Zustimmung des Mitarbeiters), eine Änderungskündigung (erfordert tragfähigen Kündigungsgrund) oder eine Betriebsvereinbarung (bei kollektiven Leistungen).
Auch zukünftig Änderungen zu erwarten
Arbeitgeber müssen damit rechnen, dass die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung die Rechte von Mitarbeitern weiter stärken wird und somit derzeit als rechtssicher empfundene Klauseln irgendwann höchstrichterlich gekippt werden könnten.
DER AUTOR__________________________________________
Dr. Reimo Richarz, Rechtsanwalt bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Hogan Lovells in München. Hogan Lovells berät Unternehmen weltweit und zählt im Arbeitsrecht laut nationalen und internationalen juristischen Verzeichnissen zu den führenden Sozietäten in Deutschland.