Scheinselbständigkeit vermeiden: Gehen Sie keine Risiken ein
von Susanne Schweitzer
Als Selbständige:r zu arbeiten und nahezu grenzenlose Freiheiten bezüglich der Arbeitsalltagsgestaltung zu haben, ist der Traum vieler Berufstätiger. Arbeiten Arbeitgeber:innen mit selbständigen Freelancern, hat dies den Vorteil, dass beide Parteien nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen und somit Kosten sparen. Der Grund hierfür? Während abhängige Beschäftigte als sozial schutzbedürftig betrachtet werden, wird Selbständigen die Risikoabsicherung selbst überlassen.
Wird Selbständigkeit auf dem Arbeitsmarkt allerdings vorgetäuscht, obwohl eigentlich ein Arbeitsverhältnis besteht, nennt man das Scheinselbständigkeit. Diese Vortäuschung fällt unter Schwarzarbeit und hat nicht nur für Arbeitnehmer:innen erhebliche Konsequenzen, sondern auch für Sie als Arbeitgeber:in. Wie sich Scheinselbständigkeit vermeiden lässt und alles, was Sie zum Thema wissen sollten, zeigen wir Ihnen in diesem Artikel.
Weshalb ist Scheinselbständigkeit für Sie als Arbeitgeber:in so riskant?
Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt regelmäßig Prüfungen durch, um den Status von Mitarbeiter:innen festzustellen. Aber auch Arbeitsgerichte, das Finanzamt oder Sozialversicherungen können Prüfungen durchführen. Diese Prüfverfahren können sowohl von Auftragnehmer:innen und Auftraggeber:innen gefordert werden – beispielsweise, wenn diese ein Arbeitsverhältnis beenden oder Kündigungsschutz einklagen möchten. Außerdem verlangen Drittinstanzen wie Krankenkassen ab und an nach Prüfungsverfahren.
Finden die Prüfer:innen heraus, dass die Selbständigkeit vorgetäuscht wurde, müssen Sie als Auftraggeber:in zunächst den Gesamtsozialversicherungsbeitrag nachbezahlen. Dieser Sachverhalt hat das ein oder andere Unternehmen bereits in die Insolvenz gebracht. Und auch Lohnsteuernachzahlungen können vom Finanzamt rückwirkend gefordert werden. Rückzahlungsforderungen können sich auf bis zu 30 Jahre erstrecken.
Einen bestimmten Anteil dieses Betrags können Sie innerhalb der folgenden drei Gehaltszahlungen von dem/der Beschäftigten einholen, denn Angestellte zahlen ihre Sozialversicherungsbeiträge teilweise selbst. Unter Umständen machen Sie sich im Falle von vorsätzlich vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträgen sogar gemäß Artikel 266a des Strafbuchgesetzes strafbar.
Und das ist noch nicht alles, denn Scheinselbständige können ihren Arbeitnehmerstatus vor dem Arbeitsgericht einklagen. Wird der Fall gewonnen, wird die Person zu einem vollwertigen Anstellten mit Kündigungsschutz, Sozialversicherungspflicht, Urlaubsrecht und allem was dazu gehört – und zwar ab der ersten Auftragserteilung.
Wie erkennt man Scheinselbständigkeit?
Viele Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen landen ohne jegliche böse Absichten, sondern schlicht aus Unwissenheit in der Scheinselbständigkeit. Damit Sie Scheinselbständigkeit vermeiden können, müssen Sie zunächst in der Lage sein, diese zu erkennen. Einige klare Anzeichen sind:
1. Ein:e Arbeitnehmer:in arbeitet nur für eine:n Auftraggeber:in
Lassen sich mehr als circa 83 Prozent aller Arbeitsaufträge einem einzigen Auftraggeber zuordnen, kann dies ein Merkmal von Scheinselbständigkeit sein.
2. Ein:e Arbeitnehmer:in ist weisungsgebunden und bestimmt nicht selbst über seinen/ihren Arbeitsalltag
Wird vom Arbeitgeber der Ort und die Zeit der Tätigkeiten festgelegt, ist ein:e selbständige:r Berufstätige:r nicht wirklich selbständig. Feste Arbeitszeiten, Schichtdienst und Arbeiten in den Büroräumen der Firma sollte es nur für Festangestellte geben.
3. Fünf Sechstel des Arbeitsumsatzes stammen von ein und demselben Auftraggeber
Freiberufler:innen erhalten ihr Einkommen von mehreren Auftraggeber:innen. Stammt es nur von einer Quelle, gleicht das Arbeitsverhältnis eher einer Festanstellung.
4. Es werden Tätigkeiten durchgeführt, die bereits früher als fest angestellte:r Mitarbeiter:in erledigt wurden
War der/die Auftragnehmer:in schon einmal in der Vergangenheit bei derselben Firma fest angestellt und übernimmt nun exakt dieselben Aufgaben, kann nicht von einem Selbständigkeitsverhältnis gesprochen werden.
5. Der/die Auftragnehmer:in ist fest in die Prozesse und internen Strukturen des Auftraggebers eingebunden
Selbständige sollten nicht Teil täglicher Meetings und interner Unternehmensstrukturen sein, schließlich ist der/die Auftraggeber:in nur eine:r von mehreren und verpflichtende Besprechungen fallen unter die Weisungsbindung.
6. Urlaubszeiten bzw. der Anspruch auf Urlaub werden mit dem Arbeitgeber besprochen
Freiberufler:innen sind ihr eigener Boss, sie schulden niemanden eine Erklärung für Urlaubszeiten und Co.
7. Es existieren Entgeltvorzahlungen im Krankheitsfall
Selbständigen ist ihre Risikoabsicherung selbst überlassen, Auftraggeber:innen sind ihnen gegenüber nicht sozialversicherungspflichtig.
8. Der/die Auftragnehmer:in nutzt Hard- und Software, die seitens des Auftraggebers kontrolliert werden kann
Freelancer:innen sind frei von Leistungsberichten und -kontrollen. In ihre Arbeit darf nicht durch den Auftraggeber eingegriffen werden.
Scheinselbständigkeit vermeiden: So sichern Sie sich als Arbeitgeber:in ab
Legen Sie ein Augenmerk auf die oben genannten Charakteristiken von Scheinselbständigkeit und vermeiden Sie solche Arbeitsverhältnisse mit Ihren Freiberufler:innen – das ist wohl die beste Absicherung gegen eine vorgetäuschte Selbständigkeit. Achten Sie zudem generell vor Auftragsbeginn darauf, dass eine klare Kommunikation besteht, die Hard- und Software sowie die Räumlichkeiten getrennt sind und beide Parteien den Dienstvertrag sorgfältig prüfen.
Falls Sie auf Nummer sicher gehen möchten, bietet es sich an, ein Statusfeststellungsverfahren von der Deutschen Rentenversicherung Bund durchführen zu lassen. Dieses können Sie entweder selbst oder gemeinsam mit dem/der Auftragnehmer:in schriftlich anfragen. Formulare zur Antragsstellung können direkt über die Webseite des Bunds heruntergeladen werden.
Als Auftraggeber:in ist es empfehlenswert, dass Sie vor der Antragsstellung einen Rechtsanwalt bzw. eine Rechtsanwältin beauftragen, denn im Formular werden rechtliche Wertungen abgefragt, die Sie sachgerecht und wahrheitsgemäß beantworten sollten. Generell gilt: Je früher ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis festgestellt wird, desto besser, denn je weniger Zeit verstreicht, desto geringer fallen die Versicherungsnachzahlungen aus. Beachten Sie allerdings, dass der/die Auftragnehmer:in, falls er/sie den Statusfeststellungsbescheid als unzutreffend empfindet, Widerspruch erheben oder sogar eine Klage beim Sozialgericht einreichen kann.
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